Dr. Joseph Carlebach (1883-1942), der letzte Oberrabbiner der Gemeinde Hamburg-Altona, hat eine Wirkung entfaltet, die ihn als charismatische Hamburger Persönlichkeit heraushebt und zugleich über die Grenzen der Hansestadt hinausweist. Er gehört zu den bedeutendsten Vertretern des deutschen Rabbinerstandes während des vergangenen Jahrhunderts. Seit 1921 wohnte der gebürtige Lübecker in Hamburg und Altona, wo er während der nächsten beiden Jahrzehnte die Höhepunkte seiner beruflichen Karriere erlebte und für die religiösen Interessen der jüdischen Gemeinde eintrat. Als Schulleiter und Oberrabbiner erhob Carlebach so lange die Stimme, bis die Nationalsozialisten sie gewaltsam zum Schweigen brachten. Im Dezember 1941 wurde er nach Jungfernhof bei Riga deportiert. Noch während des Aufenthalts im Konzentrationslager gelang es ihm, die Selbsthilfe der jüdischen Gefangenen zu organi-sieren und deren Los mit Trost und Zuspruch zu erleichtern. Wenige Wochen nach der Deportation wurde Carlebach – ebenso wie seine Frau und die drei jüngsten Töchter – im Hochwald bei Riga ermordet.
In seinem Buch macht der Autor Andreas Brämer den Leser mit den wichtigsten Stationen einer Lebens-geschichte vertraut, die an den Schnittstellen zwischen deutscher und jüdischer Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert verläuft.
Andreas Brämer
geb. 1964, studierte in Heidelberg und Jerusalem Jüdische Studien und promovierte im Fach Judaistik an der Freien Universität Berlin. Von 1995 bis 1997 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg, 1997 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Gesamthochschule Duisburg. Seit April 2005 ist er stellvertretender Direktor am Institut für die Geschichte der deutschen Juden in Hamburg, zugleich lehrt er als Privatdozent für Neuere Geschichte am Historischen Seminar der Universität Hamburg.